Baum des Jahres 2020 - die Robinie

»Er/Sie liebt mich – von Herzen – mit Schmerzen – über alle Maßen – kann nicht von mir lassen – klein wenig – gar nicht«

Altes Kinderspiel mit Margeritenblüten oder auch Robinienblättchen

Die Robinie ist tatsächlich ein Baum, der sehr stark polarisiert – wenige Pflanzen denen Menschen ein so großes Gefühlsspektrum von hochgeschätzt bis stark bekämpft entgegenbringen. Was ist das also für eine Pflanze?

Baumportrait der Robinie

Die Robinie ist ein Baum der Widersprüche: schon der populäre Name »Akazie« bezeichnet sie als etwas, das sie nicht ist – mit der afrikanischen Echten Akazie teilt sie zwar einige äußere Gemeinsamkeiten, gehört aber nicht zu den Mimosengewächsen sondern wie Erbsen und Bohnen zur Familie der Hülsenfrüchtler.

Die Robinie ist keine einheimische Art, sie kommt ursprünglich aus dem östlichen Nordamerika und wurde etwa Mitte des 17. Jhd. das erste Mal in Europa als Zierpflanze in Schloßparks gepflanzt. Danach als Forstbaum entdeckt, hat sie sich seitdem stark verbreitet und wird heute aufgrund einiger ihrer unverwüstlichen Eigenschaften als invasiv eingestuft, worauf wir später noch genauer eingehen werden.

Die starken Gegensätze, die sie vereint, fallen auf jeden Fall schon in ihrem Äußerem vor allem bei der Beobachtung im Jahresverlauf auf. In ihrem winterlichen Zustand sehen wir schon bei den Jungbäumen mit den langen Dornen einen wehrhaften Charakter, beim erwachsenen Baum kommt eine tiefgefurchte Borke und ein sehr hartes, widerstandsfähiges Holz hinzu, welches ein wichtiger Ersatz für das problematische Tropenholz ist. Im späten Frühling wandelt sich dann ihre Gestalt völlig, mit den zarten hellgrünen Fiederblättern und den stark duftenden weißen Blütentrauben. Diese sind eine wertvolle Tracht für unsere Honigbiene, welche so den beliebten kaum kristallisierenden „Akazienhonig“ produziert.

Sowohl als Segen als auch als Herausforderung haben wir Menschen bereits die bemerkenswerte Eigenschaft der Robinie erlebt, durch die Symbiose mit in ihren Wurzelknöllchen lebenden Bakterien Stickstoff aus der Luft zu fixieren. Dadurch kann sie sich mit diesem wichtigen Nährstoff selbst versorgen und auf extrem armen Böden, sogar auf Sanddünen wachsen, und diese auch über ihre Wurzeln mit Nährstoffen anreichern. Das ist sehr nützlich, wenn es darum geht, übernutzte und ausgelaugte Böden wieder fruchtbar zu machen, allerdings stellt es auch ein Problem für die immer seltener werdenden und besonders artenreichen mageren Lebensräume dar.

 

Dazu kommt, dass die Robinie eine wahre Überlebenskünstlerin ist – sie toleriert große Trockenheit, Salz und Luftverschmutzung und kann sich durch ihre vielen Samen und Wurzelausläufer schnell verbreiten. Das macht sie auf der einen Seite sehr konkurrenzstark und schwer kontrollierbar, auf der anderen Seite kann sie wiederum helfen besonders schwierige Standorte zu stabilisieren und zu begrünen, wie z.B. leblose Abraumhalden des Bergbaus oder Pflanzlücken im Betondschungel von Städten.

Wir sehen also, dass die Robinie eine faszinierende Baumart mit tollen Eigenschaften ist, die aber unsere Zusammenarbeit mit und Verantwortung gegenüber der Natur einfordert!

Schließlich gibt es noch einen weiteren erstaunlichen Kontrast bei der Robinie: während fast alle Teile des Baums für uns Menschen giftig sind, können wir die duftenden Blüten essen – z.B. in Teig ausgebacken wie Holunderblüten, oder zu aromatischen Gelees und Getränken verarbeitet. Rezepte dafür findet ihr leicht im Internet – lasst es euch schmecken!

Vielen Tieren, wie z.B. Rehen, Ziegen und Hasen machen die für uns giftigen Bestandteile dagegen nichts aus; das frische Grün ist sogar eine besonders nahrhafte Futterquelle für sie. Auch hier gilt der wichtige Grundsatz, sich genau kundig zu machen wie und wofür wir eine uns neue Pflanze nutzen (für Pferde ist die Robinie z.B. gefährlich)!

Botschaft der Robinie

Das Leben ist ein Widerspruch in sich – wir können nichts Neues beginnen, wenn wir nicht auch Altes loslassen, um im Licht zu stehen müssen wir auch den Schatten annehmen, und es bedarf eines ständigen Todes damit neues Leben erst entstehen kann.
Damit lädt uns die Robinie ein, unsere eigenen inneren Widersprüche anzunehmen – wir könnten überrascht sein, wie wir so vielleicht neben stärkster Widerstandskraft auch zarte Entfaltungswünsche entdecken …

NAME: Gewöhnliche Robinie, Scheinakazie (Robinia pseudoacacia L.)

HERKUNFT: Östliches Nordamerika, seit dem 17. Jhd. in Europa eingeführt

ALTER: ca. 150 Jahre (selten bis 200 Jahre und älter)

HABITUS: sommergrüner Baum mit lockerer Krone, 25-30m Wuchshöhe

KENNZEICHEN: tiefgefurchte graue Borke; Zweige mit bis zu 5cm langenDornen; Blätter mit 5-12 eiförmigen Fiederblättchenpaaren;
weiße, stark duftende Blütentrauben; längliche schwarzbraune
Hülsenfrüchte mit bohnenförmigen Samen, verbleiben
im Winter oft am Baum

Danke an unsere Partner

Der »Weg der Bäume« ist ein Projekt der Ebertheimer Bildungsinitiative e.V. in Zusammenarbeit mit der Gemeinde Ebertsheim-Rodenbach und des Vereins für Natur- und Vogelschutz Ebertsheim e.V.

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